Nähe braucht Grenzen

Professionelle Nähe oder schützende Distanz – das ist kein Widerspruch! Oder doch?

 

Wenn Kriterien für ein gelingendes Sowohl-als-auch im Beziehungskontext eine Nähe-Situationen gestalten, wird es in einem pathogen Feld schwierig, die zugewandte Distanz wird ausgedehnt. Die Dissonanz darin ist, dass die Krankheit bipolare Störungen oder manisch-depressive Erkrankungen gezeichnet sind, sich durch ausgeprägte Schwankungen im Antrieb, im Denken und in der Stimmungslage einer Person zeigt. So durchleben Menschen mit Bipolaren Störungen depressive Phasen und Phasen euphorischer oder ungewöhnlich gereizter Stimmung. 

 

Nähe-Situationen gestalten

Ja, Menschen mit einer bipolaren Störung sind durchaus in der Lage, tiefe Liebe und starke emotionale Bindungen zu erleben! Die Herausforderungen, die ihre Stimmungsschwankungen mit sich bringen, können durch Verständnis, Unterstützung und eine angemessene Therapie bewältigt werden.

Eine Bipolare Erkrankung bedeutet nicht nur, dass die Stimmung des Patienten beeinträchtigt ist. Das Fühlen, Denken und Handeln sind ebenso betroffen wie die Fähigkeit zur täglichen Lebensbewältigung – je nach Verlaufsform teilweise selbst in den episodenfreien Intervallen. Menschen mit bipolaren Erkrankungen sind krank – sie haben weder etwas falsch gemacht, noch eine schwache Persönlichkeit. Dennoch ist die Akzeptanz des sozialen Umfeldes nicht immer gegeben. Rückzug des Freundeskreises, Partnerschaftskonflikte bis hin zur Trennung sowie Probleme im Job bis hin zum Arbeitsplatzverlust können die Folge sein. Hinzu kommen die Schamgefühle der Betroffenen, der oder die oft immer weiter in die soziale Isolation gerät. 

 

Bipolare Erkrankungen verringern die Lebensqualität der Betroffenen. Hinzu kommen eine erhöhte Selbstmordgefährdung  und ein verstärktes Suchtrisiko.

Therapieformen Bipolare Störungen sind chronische Erkrankungen, die eine lebenslange Behandlung erfordern. Nur wenn das den Betroffenen und ihren Angehörigen klar ist, kann die Therapie dauerhaft und wirkungsvoll durchgeführt und die Lebensqualität entscheidend gebessert werden.

 

Durch ihr krankhaft erhöhtes Selbstbewusstsein zeigen Betroffene besonders in der manischen Phase keine Einsicht an einer seelischen Störung zu leiden. Häufig bleiben sie auch nach Diagnose und Therapie uneinsichtig. Dies letztendlich Beziehungen und Freundschaften zerstört und auflösen.

 

Oft erst durch eine Reha und Therapie wird eine Besserung gefühlt, doch dann beginnt der Kreislauf von vorne. Neue Bekanntschaften dauern nur bis sich die Zustände der bipolaren Persönlichkeitsstörung wiederholen. Leider ein Teufelskreis ohne Ende.

 

Die folgenden 3 Grundregeln sind gedacht für Gespräche mit Menschen in einer manischen Phase, bieten aber generell viele Vorteile für die Kommunikation mit Angehörigen und Partnern.

 

1. Bleib freundlich.

Das ist ganz essentiell. Freundlich im Sinne von "wie ein Freund". Wie würde sich ein Freund verhalten?

Ein Freund lässt immer seine Hilfsbereitschaft erkennen.

Ein Freund redet mit ehrlichem Interesse mit mir, und zwar auf Augenhöhe.

Ein Freund hört einem aufmerksam zu, und fragt, wenn er etwas nicht versteht.

Ein Freund ist nicht von mir abhängig, er steht immer wohlwollend an meiner Seite und sagt mir ehrlich seine Meinung.

Ein guter Freund sagt einem die Wahrheit, auch wenn das unangenehm ist. Niemals würde er mich anlügen, nur um mich nicht aufzuregen.

 

2. Bleib ehrlich.

Daher kann ich auch nur davor warnen, sich zu sehr selbst zu zensieren, nur um den Mensch in der Manie „nicht aufzuregen". Wenn Betroffene in einer

aggressiven Stimmung sind, gibt es nichts, was nicht aufregen könnte.

 

3. Bleib konsequent.

Wer mit Betroffenen in der Manie auf gesunde Art reden will, muss unbedingt

konsequent bleiben.

 

Aber es gibt eigentlich keine Alternative, wenn man auf Dauer mit Betroffenen auskommen möchte, die immer wieder Phasen durchleben, ob aus Uneinsichtigkeit oder auch, weil Therapie und Medikation nur unzureichend helfen können oder beides. Alles andere endet leider meistens ungesund - sowohl für Betroffene wie für  Angehörige.


Katrin Hosner